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Damit Quantencomputer kein Unheil anrichten
Vorausdenker Grégoire Ribordy
Ist es möglich, unsere Daten so sicher zu verschlüsseln, dass auch Quantencomputer sie dereinst nicht knacken können? Diese Frage stellte sich der Westschweizer Grégoire Ribordy als Doktorand. Heute produziert er mit ID Quantique Quantenkryptografie für den Weltmarkt.
Grégoire Ribordy, Quantencomputer werden unsere Welt verändern. Wie können wir uns das vorstellen?
Quantencomputer sind eine neue Art von Computern und nutzen die Gesetze der Quantenphysik, um bisher unüberwindbare Probleme zu lösen. Sie werden uns etwa ermöglichen, neue Materialien zu entwickeln oder Medikamente zu entdecken. Später kann die Technologie auch im Finanzwesen oder in der Logistik eingesetzt werden. Und sehr wahrscheinlich wird es auch Anwendungen geben, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Die negative Seite dieses Fortschritts ist, dass Quantencomputer auch innert Sekunden Codes knacken können, mit denen wir heute Informationen schützen. Dies ist eine grosse Gefahr für heikle Daten von Regierungen, Banken und Unternehmen.
Um dieser Gefahr zuvorzukommen, gründeten Sie 2001 als Doktorand der Philosophie und Physik mit drei weiteren Wissenschaftlern das Spin-off ID Quantique. Sie wollten Daten so sicher verschlüsseln, dass auch Quantencomputer sie nicht knacken konnten. Damals waren Quantencomputer jedoch noch in weiter Ferne. Weshalb sahen Sie diesen Megatrend voraus?
Es ist nicht so, dass es Quantencomputer noch nicht gab. Die Software existierte bereits seit den 1990er-Jahren — nicht aber die Hardware. Es ist eine Frage der Zeit, bis auch diese gefunden ist. 2001 war ich an der Universität Genf zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Mit zwei Professoren und einem Ingenieur hatte ich das perfekte Team an meiner Seite. Uns war klar: Wollen wir unsere Daten auf lange Sicht schützen, müssen wir die Gefahren der Zukunft voraussehen und Daten für ihre gesamte Lebensdauer schützen.
ID Quantique ist heute weltweit führend in Quantenkryptografie. Profitierten Sie von der Innovationsfreundlichkeit in der Schweiz?
Ich sage immer: Die Schweiz ist der beste Ort, um Quantenphysik zu erforschen. Und der schlechteste, um ein Deep-Tech-Start-up zu gründen. ID Quantique profitiert stark von der engen Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Bildung. Die Schweiz sollte jedoch nicht nur in Wissenschaft, sondern auch in die Entwicklung marktfähiger Produkte investieren. Da haben die Konkurrenten in China wie auch in Europa klar die Nase vorn.
Werden Schweizer Spin-offs und Start-ups zu wenig gefördert?
Ganz klar. Gerade Deep-Tech-Firmen benötigen viel Zeit bis zum marktreifen Produkt — und sie brauchen Geld, um dieses «Valley of Death» zwischen Forschung und Markt zu überleben. Die Schweizer Rahmenbedingungen sind schlecht: Schweizer Investorinnen und Investoren zeigen wenig Risikobereitschaft — so haben wir noch nie ein Investment aus der Schweiz erhalten. Auch an staatlicher Unterstützung fehlt es in dieser Phase weitgehend. Ganz am Anfang greift der Nationalfonds und kurz vor Markteinführung Innosuisse. Dazwischen klafft ein Loch.
Ihre Geschichte ist eine Erfolgsgeschichte: Sie begannen mit 100’000 Franken Startkapital. Bald darauf floss bereits eine Million Franken Investorengeld in ID Quantique. Und 2018 stieg die südkoreanische SK Telecom mit 65 Millionen ein. Sie verschaffte dem Start-up mit Chips für Samsung Zugang zum Weltmarkt. Was machte dieser Erfolg mit Ihnen persönlich?
Für mich war immer klar, dass wir keinen Kurzstreckenlauf, sondern einen Marathon mit langfristigen Zielen vor uns hatten. Wir mussten uns zwingen, gross zu denken. Dies ist keine Stärke von uns Schweizerinnen und Schweizern. Auch ich musste dies lernen.
Ihr erstes Produkt war gross und unpraktisch. Heute steckt die Quantenkryptografie in winzigen Chips. Was kommt als Nächstes?
Es liegt immer noch ein weiter Weg vor uns. Denn für komplexe Anwendungen ist unsere Lösung noch immer zu gross. Gleichzeitig dürfen wir den Fortschritt nicht verpassen. Wir müssen neue Bereiche anpacken und in weitere Innovationen investieren. Denn nun entstehen weltweit Start-ups, die uns konkurrieren. Zwar sind sie technisch weit hinter uns, aber sie haben grosse Ideen.
Mit Zufallszahlen zu mehr Sicherheit
Die Quantenkryptografie nutzt die Prinzipien der Quantenphysik, um Daten abhörsicher zu verschlüsseln. Grégoire Ribordy gründete ID Quantique 2001 mit der Vision, Chips zu entwickeln, die auf echten Zufallszahlen basieren. Diese ermöglichen eine besonders sichere Verschlüsselung, die selbst Quantencomputern standhält.
Datenverschlüsselung durch Quantenphysik bietet zwei entscheidende Vorteile:
1. Manipulationen werden sofort erkannt: Jede Abweichung bei der Datenübertragung wird umgehend registriert.
2. Zukunftssicherheit: Informationen bleiben auch langfristig vor Angriffen geschützt — selbst durch zukünftige Technologien wie Quantencomputer.
Grégoire Ribordys Formel zum Erfolg
Bildungsstandort Schweiz
Ribordy doktorierte an der EPFL in Genf. Später machte er in St.Gallen eine Weiterbildung in BWL. Er profitierte vom Spitzenniveau der Schweizer Wissenschaft.
Vision
Er erkannte die Gefahren der Quantencomputer, als alle anderen nur von den Chancen redeten.
Mut
Ribordy lernte, gross zu denken und ID Quantique als Pionier zum Erfolg zu führen.
Glück
Er war zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Leuten am richtigen Ort — und nutzte diese einmalige Chance.
Wissenschaft und Wirtschaft
Ribordy kam als Ökonom und Soziologe nach Genf und doktorierte dort in Philosophie und Physik. Mit ID Quantique vereinte er beide Bereiche erfolgreich.
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