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Vier fleissige Greenwasher
Greenwashing in vier verschiedenen Industrien und wie Sie es erkennen.
1. Die Fashionfarbe der Saison: Grün
Seit dem Rana-Plaza-Unglück 2013 in Bangladesch wissen wir, was Kleidung kostet. Im Zweifelsfall Menschenleben.
Zählen wir noch Schadstoffe, Lieferwege, Wasser- und Energieverbrauch sowie Landwirtschaftliche Nutzfläche dazu, wird die Rechnung noch schmutziger.
Kein Wunder, dass «grün» zur Modefarbe wird: mit T-Shirts aus Biobaumwolle, eigenen Linien aus recyceltem Material und Rücknahmecontainern für gebrauchte Kleidung. Chic mit hippen Labels. Recyclingmode klingt gut, wenn der Hersteller nicht dabei erwischt wird, wie er einen Überschuss an Neuware verbrennt, oder wenn man übersieht, wie kompliziert es wirklich ist, verschiedene Fasern zu mischen. Und das Biobaumwolle-T-Shirt? Einfach mal schauen, woher der Hersteller den Löwenanteil bezieht und ob da vielleicht ein Alibiprodukt auf dem Bügel hängt. Oder sowieso der Modequeen Vivienne Westwood folgen:
„Kaufe weniger, wähle gut aus und trage es dann auch möglichst lange.“
2. Handel im Wandel
Was kaufen wir heute? Die Auswahl ist riesig und von allen Produkten gibt es mehrere Anbieter.
Als visuell geprägte Spezies fühlen wir uns automatisch zu Dingen hingezogen, die uns ein gutes Gefühl geben. Also greifen wir zu der Milchtüte mit der schönen Alpenlandschaft, dem Joghurt mit dem «natürlichen Genuss», zum «Lebe-nachhaltig-Müesli» und dem FCKW-freien Deo. Moment, ist FCKW nicht sowieso schon seit den 1990er-Jahren verboten? Willkommen in der «Greenwashing»-Anlage. Mit Greenwashing versuchen Unternehmen, ihren Produkten oder Dienstleistungen einen möglichst grünen Anstrich zu geben. Die Versuchung ist gross – eine Studie von Roland Berger prognostiziert zwischen 2016 und 2025 ein weltweites «grünes Marktvolumen» von 6.9 Prozent. Wer den Überblick bei nachhaltigen Produkten des täglichen Lebens verloren hat, der findet beim WWF-Schweiz unter https://www.wwf.ch/de/lebensmittel-label-ratgeber den nötigen Durchblick.
3. Modernder Ablasshandel
Ein grosser Ölmulti startet in den Niederlanden ein Baumpflanzprojekt. Pro Liter Kraftstoff kann der Kunde freiwillig einen Cent zahlen, um das Projekt mitzufinanzieren.
Ein Schelm, der dabei Böses denkt – denn ein Forstwirt hat für das «Handelsblatt» nachgerechnet: Um das CO2 von 10’000 Kilometern Autofahrer zu binden, benötigt man 192 Buchen, die 80 Jahre alt werden. Umweltverbände kritisieren den Ansatz als modernen «Ablasshandel», CO2-Ausstoss müsse vermieden und nicht kompensiert werden. Ausserdem sind Aufforstungsprojekte oft nur weitere Monokulturen ohne nachhaltige Wirkung. Bäume pflanzen oder medienwirksame Beteiligungen an Alternativ-Energie-Start-ups sind klimabewusst – aber nur für die Marketingabteilungen.
4. Noch nie waren Anlagen so grün
Auch Finanzunternehmen sind fleissige Greenwasher. Denn das Interesse an «nachhaltigen Anlagen» wächst – und damit auch der Opportunismus.
Plötzlich spriessen in Hochglanzbroschüren zarte Pflänzchen, die Naturschutz suggerieren. Fröhliche Kinder aus aller Welt lächeln stellvertretend für soziale Belange. Und ManagerInnen werden nicht müde, in den Medien das Mantra ihrer ökologischen Verantwortung vorzutragen. Eher selten dann in den Geschäftsberichten oder bei Analysten-Meetings.
Viele Finanzunternehmen bemühen die ESG-Kriterien (Environmental-Social- Governance), also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Das klingt erst mal gut, hat aber leider mit wirklich nachhaltigen Geldanlagen noch wenig zu tun. Die Kriterien fokussieren sich mehrheitlich auf betriebliche Prozesse und weniger auf Resultate, Zukunftsfähigkeit, volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte. Aus Sicht von KundInnen und anderen Bank-Stakeholdern besteht zwischen Erwartung und Realität also eine grosse Lücke. In deren Kern steckt ein weit verbreitetes Missverständnis: «Nachhaltiges Investieren» weckt bei KundInnen die Erwartung von positiver Wirkung («Impact»). Banken verstehen darunter jedoch meist lediglich einen Prozess (Integration im Anlageprozess), der allenfalls Risiken identifiziert und zu positiver Wirkung führen kann, aber es oft nicht tut.
Globalance Footprint
Wie Sie Greenwashing von Banken erkennen
Greenwashing ist, wenn …
1. Banken nicht erklären können, was sich gegenüber früher geändert hat, und welche Sektoren bzw. Projekte sie grundsätzlich von einer Finanzierung in allen Geschäftsbereichen ausschliessen.
2. Finanzdienstleister in ihren Marketingaktivitäten Nachhaltigkeit betonen, allerdings mehrheitlich Fonds anbieten, die keinen oder nur einen schwachen Nachhaltigkeitsfilter anwenden.
3. Anbieter nachhaltige Produkte vermarkten, ohne transparent den Nachweis einer positiven Wirkung zu erbringen, oder nur technisches und unverständliches Reporting anbieten.
4. Banken selbst regelmässig durch negative Kontroversen in der Öffentlichkeit Schlagzeilen machen.
5. Verantwortliche in den Medien die Bedeutung von Nachhaltigkeit für ihr Geschäft betonen, aber bei den Investoren kein einziges Wort mehr darüber verlieren.
Globalance Zukunftbeweger
Erfolgreiche Unternehmen müssen sich nicht hinter einer grünen Fassade verstecken. Sie denken und agieren innovativ und nutzen fundamentale Trends als einzigartige Wachstumschance.
Digital Fashion: Plattformen wie Instagram sind virtuelle Catwalks für Millionen von Menschen. Mode-Influencer leben von ihren Outfit-Posts. Oft gilt es, mit schriller und auffälliger Kleidung hervorzustechen. Kleider kaufen, ablichten, wegwerfen. Das ist die Devise. Dem hat der norwegische Einzelhändler Carlings den Kampf angesagt, indem er als Erster eine Kollektion «digitaler Kleidung» auf den Markt gebracht hat. Diese Kleider werden rein digital getragen, die UserInnen können sie für wenig Geld virtuell auf ihren User-Fotos posten. Gänzlich ohne negativen ökologischen Fussabdruck.
Green Foods: Fleischersatzprodukte sind stark im Trend. Laut einer aktuellen Studie könnten diese bis 2040 einen Marktanteil von 60 Prozent unter den klassischen Fleischprodukten erzielen. Die Player bringen sich gerade in Position: Die auf pflanzliches Rinderhackfleisch spezialisierten Impossible Foods und Beyond Meat wachsen rasant. Doch auch die Grossen schlafen nicht: McDonald’s lanciert den veganen Veggie-Burger, mit einem Fleischimitat von Nestlé. 99 Prozent weniger Wasser, 93 Prozent weniger Land sowie 90 Prozent weniger Treibhausgasemissionen: so der Vergleich Beyond Burger vs. echtes Rindfleisch-Patty.