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Investoren brauchen Daten, mit denen sie in die Zukunft schauen können
Von Thomas Pfyl und Gian Andro Pfister, erstmals erschienen in den “Reporting Insights” des Center for Corporate Reporting.
Unternehmen veröffentlichen große Mengen an ESG-Daten. Doch Investoren und Vermögensverwalter sind oft ernüchtert. Ihnen fehlen überzeugende Angaben, welchen Bezug Nachhaltigkeitsthemen zur zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen haben. Thomas Pfyl und Gian Andro Pfister von Globalance erklären, was Unternehmen tun können, um diese Lücke zu füllen.
Nachhaltigkeitsdaten zu erheben und Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen gehört inzwischen zu einer der wichtigsten Aufgaben der entsprechenden Fachabteilungen in börsennotierten Unternehmen. Dies ist mit viel Arbeit und großem Zeitaufwand verbunden. Und die Datenmengen nehmen Jahr für Jahr weiter zu – vor allem wegen zunehmender Regulierung. Vor diesem Hintergrund wirkt es fast tragisch, dass die von Unternehmen veröffentlichten ESG-Daten bei vielen Investoren und Vermögensverwaltern für Ernüchterung sorgen.
Die Gründe für diese Ernüchterung: Viele Daten sind zwar durchaus nützlich. Als Grundlage für belastbare Analysen und Investitionsentscheidungen sind sie jedoch nicht hinreichend. Denn die meisten Daten traditioneller ESG-Bewertungen schätzen das Risiko relevanter Umwelteinflüsse auf die finanzielle Situation eines Unternehmens ein – und sind damit mehrheitlich vergangenheitsbezogen.
Was uns in den Berichten und Investoren-Pitches von Unternehmen häufig fehlt, sind überzeugende Angaben dazu, welchen Bezug relevante Nachhaltigkeitsthemen zur zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens haben. ESG-Daten allein decken dieses Thema nicht ab. So fehlen oft aussagekräftige Argumente der Unternehmen, ob und wie sie zukünftig Chancen nutzen und wie sie in einer sich verändernden Welt erfolgreich sein wollen. Wichtig ist für uns die Antwort auf die Frage: Wie positionieren sich Unternehmen mit ihrer Strategie und ihrem Geschäftsmodell, um von globalen Megatrends zu profitieren und Nachhaltigkeits-Herausforderungen zu begegnen?
Nicht nur für uns bei Globalance ist das ein zentraler Faktor bei der Vorbereitung von Investitionsentscheidungen. Unternehmen verpassen also eine Chance, wenn sie Investoren und Vermögensverwaltern diese Fragen nicht überzeugend beantworten. Globalance will in Unternehmen investieren, die dabei helfen, die großen Herausforderungen unserer Zeit zu lösen. Dazu brauchen wir Daten, die es uns erlauben, in die Zukunft zu schauen. Also: Was macht das Unternehmen zukunftsfähig? Wir errechnen zum Beispiel die Umsätze, die Unternehmen bereits heute im Zusammenhang mit Megatrends wie Urbanisierung, Demographie, Ressourcenknappheit und Digitalisierung erzielen. Nachhaltigkeit bedeutet für uns nicht nur Risikomanagement, sondern auch Chancenanalyse.
So ist es für uns zum Beispiel nicht entscheidend, wenn eine Bank in ihrem Nachhaltigkeitsbericht mitteilt, an ihren Bürostandorten weniger Strom zu verbrauchen. Über die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells sagt das nichts aus. Was zählt, ist die Antwort auf die Frage, ob die Bank in der Unternehmensfinanzierung einen Fokus auf Firmen hat, die nachhaltige Produkte und Dienstleistungen anbieten – also zum Beispiel Hersteller von Elektro-Fahrzeugen und Ladesäulen-Infrastruktur statt Hersteller von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.
Welche Informationen in diesem Zusammenhang wesentlich sind, ist von Branche zu Branche verschieden. So steht bei Pharma und Medizinal-Technologie der Zugang zu Gesundheitsversorgung im Fokus, im Bereich Verkehr die Skalierung der smarten Mobilität, und Nahrungsmittelkonzerne müssen über Ressourcen und gesunde Produkte Auskunft geben.
Das Wesentlichkeitsprinzip wenden wir auch an, um den Einfluss von Unternehmen auf den Klimawandel zu verstehen. Deshalb berücksichtigen wir nicht nur, wie viel CO2 ein Unternehmen direkt emittiert (Scope 1+2), sondern analysieren auch die Emissionen, die das Produkt oder die Dienstleistung in der gesamten Wertschöpfungskette verursacht (Scope 3). Zudem nehmen wir die Emissions-Reduktions-Ziele von Unternehmen für die kommenden Jahre unter die Lupe und bewerten deren Glaubwürdigkeit – um Firmen mit unrealistischen Zielen zu identifizieren.
Die Ergebnisse dieser Analysen zur Wirkung von Unternehmen auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt fließen in unseren eigens entwickelten Globalance Footprint ein. Dabei gilt: Je bessere und wesentlichere Informationen wir von Unternehmen bekommen, desto leichter fällt uns die Analyse.
Natürlich ist uns bewusst, dass das Zusammenstellen relevanter Daten für Unternehmen nicht immer einfach ist. So stehen sie zum Beispiel oft vor der Herausforderung, dass die positive Auswirkung eines Produktes oder einer Dienstleistung empirisch nicht einwandfrei messbar ist. Doch auch dann können sie Investoren und Vermögensverwaltern relevante Informationen liefern. So können qualitative Aussagen oft helfen, eine positive Wirkung zu erfassen. Ein Beispiel dafür sind die sogenannten avoided emissions, also vermiedene Emissionen: Wenn emissionsärmere Technologien wie etwa Solar-Stromerzeugung zum Einsatz kommen, werden dadurch Emissionen vermieden. Unternehmen wie der Elektrokonzern ABB geben grobe Schätzungen der eingesparten Emissionen ab. Ein gelungenes Beispiel, wie ein Unternehmen seine aus Nachhaltigkeits-Perspektive wichtigste Leistung zusätzlich zu den herkömmlichen ESG-Daten sichtbar macht. Und ein Beispiel dafür, dass man das Wesentliche erkennen kann, wenn man nicht nach größtmöglicher Genauigkeit strebt.
Wir sind überzeugt: Für Unternehmen ist entscheidend, solche Informationen zusätzlich zu den gängigen ESG-Daten zur Verfügung zu stellen. Denn wir benutzen sie, wenn wir für Unternehmen ein Profil erstellen, das sowohl quantitative Daten als auch eine qualitative Analyse berücksichtigt. Dabei gehen wir nach dem Prinzip der Wesentlichkeit vor. Und das bedeutet: Unternehmen sind klar im Vorteil, wenn uns alle wesentlichen Informationen über ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie vorliegen.
Handlungsempfehlungen an Unternehmen
Die Datenmengen im Bereich ESG steigen stetig an. Nicht alles ist für Investoren relevant. Prüfen Sie kritisch, welche Daten diese Zielgruppe wirklich braucht.
Für Investoren sind ESG-Daten notwendig, jedoch nicht hinreichend. Sie brauchen auch Informationen über die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells. Machen Sie diese Informationen zum Teil Ihres Investoren-Pitches. Und machen Sie deutlich, welchen Bezug Nachhaltigkeits-Themen zur zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit haben.
Qualitative Aussagen sind relevant für Investoren, wenn gesunder Menschenverstand den positiven Nutzen von Produkten erfassen kann – auch wenn eine direkte Kausalität nicht empirisch nachgewiesen werden kann. Treffen Sie solche Aussagen in Ihrem Investoren-Pitch.