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Dematerialisierung

Software statt „Hardware“

Wann haben Sie zuletzt eine Enzyklopädie aufgeschlagen, sich nach einer Straßenkarte gerichtet oder ein Flugticket ausgedruckt? Physische Produkte verschwinden zunehmend aus unserem Leben — die Dematerialisierung ist nicht nur in vollem Gange, sondern stürmt rapide auf uns zu. Wikipedia ist ein Klick entfernt, Google Maps öffnet sich per Sprachbefehl und der QR-Code für den Check-in ist griffbereit.

Einst teure und unhandliche Geräte wie Radio, Kamera und Navi befinden sich mittlerweile auf unserem Smartphone, passen in die Hosentasche und sind jederzeit verfügbar. Ehe man sich versieht, gibt es für ein „altes“ Produkt eine unkomplizierte App. Gelesen wird immer mehr auf E-Readern und CDs kennen unsere Kinder bereits nur noch aus Erzählungen. Stattdessen erhalten wir heute für 10 Euro einen Zugang zu Spotify und Millionen von Songs. Vor 20 Jahren erhielten wir für diesen Betrag nicht einmal eine CD mit 15 Tracks. Und Video- und DVD-Sammlungen weichen Netflix und den anderen Streaming-Anbietern.

Blättern Sie noch oder wischen Sie schon?

Die gefühlsselige Denke vom zerknitterten Reiseführer des letzten Roadtrips, vom Sand, der noch fein aus dem Buch des letzten Strandurlaubs rieselt, und das stolze Präsentieren der eigenen Schallplatten stecken in allen von uns. Sozioökonomisch bietet die Dematerialisierung indessen aber erhebliche Chancen. Die reduzierten Wertschöpfungsketten verringern den Material- und Energieverbrauch zusehends.

Das Ticket auf dem Handy benötigt kein Papier mehr, der Drucker ist nicht notwendig.

Toner obsolet, Herstellung der Einzelteile und Logistik fallen weg — der Wertstoffkreislauf wird entlastet, Ressourcen werden geschont. Mehr Soft- statt „Hardware“!

Wir kennen nur die Vorband

die Vorstellung der Zukunft erfolgen linear, der digitale Fortschritt jedoch exponentiell. Dieses Wachstum ist schwer zu greifen und führt zur technologischen Singularität, also zum Zeitpunkt, an dem der weitere technologische Fortschritt nicht vorhersehbar ist. Würde die Digitalisierung mit einem Konzert verglichen, dann hätte nach dem Soundcheck gerade eben erst die Vorband die Bühne betreten, während der Hauptact im Backstage-Bereich noch nicht wüsste, welche Songs er spielen wird. Unternehmen werden die Entwicklungen in Zukunft agil studieren und darauf reagieren müssen, ehe ihnen die Wettbewerbsfähigkeit abhandenkommt und Mitstreiter die neuen Potenziale nutzen.

Gut bekömmlich für Mensch und Klima

transformativ ist zweifelsohne auch das Food-as- Software-Modell, welches das derzeitige Tier-Landwirtschaftssystem ersetzen und in diesem Sektor bis 2030 zu einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen von 45 Prozent führen kann. Lebensmittel werden von Wissenschaftler*innen auf molekularer Ebene entwickelt und in Datenbanken hochgeladen. Lebensmitteldesigner innen können weltweit darauf zugreifen und Erzeugnisse wie Cell-based Meat herstellen. Hierfür werden tierische Zellen in einem Bioreaktor gezüchtet, die genetisch identisch mit konventionellen tierischen Produkten sind. Et voilà — die von Preisschwankungen befreite, nachhaltige und vielfältige Alternative ist angerichtet.

Augmented Reality (AR) und die Sorge vor dem „ Kodak-Moment“

in Zukunft die Interaktion mit der vernetzten Umwelt verändern. Sie schafft eine Mixed Reality zwischen der realen und der digitalen Wirklichkeit. AR liefert uns Zusatzinformationen zu den bestehenden realen Wahrnehmungen. Diese disruptiven Veränderungen in Kombination mit den Fortschritten im 3-D-Druck und in der Künstlichen Intelligenz werden die Dematerialisierung in Zukunft weiter vorantreiben.

Von 220.000 zu unter 50.000

Der Markt für industrielle 3-D-Druck-Fertigung wächst mit gut 65 % pro Jahr. Ein großer Vorteil: 3-D-Druck reduziert Komplexität. Aktuell wird ein Flugzeug aus 220.000 Einzelteilen gefertigt. Mittels 3-D-Druck wird diese Zahl bis 2030 schrumpfen auf unter 50.000.